Was mich meine Worte wiederfinden ließ

Mann mit Reissverschluss über Mund

Wer mich kennt, der weiß sehr gut, dass mir nicht oft die Worte fehlen- Ich kann normalerweise zu allem und jedem meinen Senf dazugeben. Es gibt aber auch Situationen „selbst mir“ die Worte fehlen. Eine der mich prägendsten ist mittlerweile knapp 15 Jahre her.

Damals war ich gerade in einer beruflichen Findungsphase. Ich hatte nach acht Jahren beschlossen einmal etwas Neues zu wagen und habe das Unternehmen, die Branche und sogar die Tätigkeit gewechselt. Aus dem Bereich der strategischen Beratung ging es in den Vertriebsbereich. Kleine Firma, innovatives Produkt und ein sensationelles Team. Dann kam dieser eine Tag!
Der Geschäftsführer, mit dem ich vom ersten Tag an per Du war, bat mich kurz mit in sein Büro zu kommen. Kurz und knackig war seine Aussage: „Du Sebastian, dass passt mit uns nicht, insofern werde ich Dir kündigen.“ Das besondere hieran war, dass es der letzte Tag meiner sechsmonatigen Probezeit war und ich somit direkt auf der Straße stand. Nicht nur sinnbildlich, sondern auch tatsächlich, denn 15 Minuten später hatte ich unter den Augen eines Kollegen meinen Schreibtisch ausräumen müssen und mein Arbeitszeugnis in die Hand gedrückt bekommen.
Wie gesagt ist mein Redeanteil schon immer recht hochgewesen, aber hier stand ich nun wie ein begossener Pudel mit meinen persönlichen Sachen und es hatte mir die Sprache verschlagen. Ich war absolut fassungslos. Ich stand so dermaßen unter Schock, dass ich gar nichts mehr sagen konnte. Wie mit Autopiloten bin ich dann ins Auto gestiegen und nach Hause gefahren. Da war sie: Meine erste berufliche Krise!

Ich bin ein absolutes Loch gefallen. In den nächsten Tagen nagten die Selbstzweifel und auch eine große Tüte Selbstmitleid ergoss sich über mich. Ich war nur in der Lage das notwendigste zu absolvieren. Allein die Arbeitslosmeldung war schon eine Herausforderung für mich. Ich fühlte mich absolut gescheitert.
Erst ein Umstand hat mich dann aus der Lethargie befreit. Ich wollte zu jenem Zeitpunkt mit meiner damaligen Freundin (jetzt Frau) in eine gemeinsame Wohnung ziehen. Ihr erster Job war recht weit entfernt von Bielefeld und da erschien eine näher gelegene Wohnung sinnvoll. Sebastian wollte mitziehen, da die Entfernung im bisherigen Job für mich gleichgeblieben wäre.
„Wollen wir die gemeinsame Wohnung canceln?“ fragte sie mich in einer stillen Minute. Mir fiel alles aus dem Gesicht – ich war also erneut sprachlos – und antwortete wie aus der Pistole geschossen „Nein, dass kriegen wir irgendwie hin!“.
Irgendwie hat diese Situation in mir einen Schalter umgelegt. Natürlich war ich immer noch niedergeschlagen, aber ich hatte wieder ein Ziel vor Augen für das es sich lohnte aufzustehen. Der Rest der Geschichte ist schnell erzählt. Der Umzug fand statt und nur kurze Zeit später erhielt ich ein neues Angebot und Anstellung.

Rückblickend hat es meine Frau damals geschafft mich wieder wachzurütteln. Im Coaching nennt man das „ressourcenfördernden Zustand herstellen“. Sie hat es geschafft mit einer Frage Denkprozesse bei mir in Gang zu setzen, welche mir ein lohnendes Ziel vor Augen führte und somit Energie und den Willen zum Kämpfen aktivierte. Ich hatte quasi mein erstes Coaching erhalten.
In meiner Position als Coach erlebe ich es immer wieder, dass meine Klienten voller Selbstzweifel und verunsichert sind. Allein ist es meist sehr schwer sich aus diesem Loch zu befreien. Kann hier ein Coaching helfen? Ja, auf jeden Fall. Ist hier ein Coaching zwingend notwendig? Nein, auf keinen Fall. Aber manchmal hilft es sich einer unabhängigen Person anzuvertrauen die einem Wege aufzeigt, welche man nicht direkt sieht. Hierzu ist nicht einmal ein sogenannter Seelen-Striptease notwendig. Da reicht meist eine einzige gemeinsame Coaching-Session.

2 Kommentare zu „Was mich meine Worte wiederfinden ließ“

  1. Liebe Sebastian, wow, was für ein Erlebnis. Da kann ich deine Sprachlosigkeit gut nachvollziehen. Wie wunderbar, dass deine Frau dich begleiten konnte und du dich auf deine Ressourcen und ein Ziel fokussieren konntest.

    Hat mich gefreut heute mit dir zu schreiben
    Liebe Grüße Stephanie, der kleine Komet

  2. Pingback: Blognacht Vol. 26: Sprachlos

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